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Ausgangsbetrachtung
Neue Pläne in Bangkok
Thailand/Bangkok 21.9.2013
Die brodelnde Metropole hielt mich wieder gefangen, doch im Grunde diente dieser kurze Aufenthalt nur der Vorbereitung weiterer Rundreisen. Trotzdem war mir von Anfang an bewusst, dass es mich bald in die Weiten des Molochs Bangkok hinausziehen würde. Ich konnte nicht einfach nur im Hotel verweilen und Pläne schmieden. Dafür sorgte schon alleine der Rundblick aus dem 28. Stockwerk meines Zimmers. Obwohl ich sonst keine schlechte Orientierung besitze, tat ich mich in Bangkok von Beginn an schwerer als sonst. So verwechselte ich die ersten beiden Tage hartnäckig Osten und Westen und wunderte mich, dass ich von meinem Fenster aus nicht den Wat Arun am Fluss zu sehen bekam. Erst die starke Morgensonne, die mich täglich weckte, zeigte mir meinen Fehler an. Mein Panoramablick vom Hotelzimmer ging primär in den Osten und nicht in den Westen, wie ich die ganze Zeit geglaubt hatte. Daraufhin musste sich mein Orientierungssinn nochmals gänzlich neu einstellen. Eigentlich wollte ich den ersten Morgen mit dem reichlichen Frühstücksbuffet so richtig in die Länge ziehen und auskosten, aber die Besprechungstermine mit meinen Reisehelfern fielen zeitlich für mich ein wenig ungünstig.

So hastete ich gleich nach dem Frühstück mit meinen Unterlagen in die Hotellobby, um Saran meinen Guide für die nächste Rundreise zu treffen. Er spricht sehr gut Deutsch und arbeitet in Thailand als Reiseleiter für deutschsprechende Gruppen und Individualtouristen. Es blieb nicht mehr allzu viel Zeit bis zum Reisebeginn, denn am 20. August sollte es schon losgehen und es war drei Tage davor. Saran ist sehr unkompliziert und wir waren uns schnell einig, dennoch gab es viel zu bereden. Ich kannte ihn von unserer Zentralthailand-Rundreise, die er mit Bravour für meine Freundin und mich geleitet hatte. Wir sprachen auch über die Verlängerung meines „Visums“, das, wie sich ein paar Tage später herausstellen sollte, gar kein Visum im herkömmlichen Sinn war. Bei diesem Thema herrschte eine allgemeine Unklarheit, und jeder von mir Befragte erzählte mir eine andere Geschichte. Dieses Projekt musste ich, soweit möglich, noch von Bangkok aus klären. Nach kurzer Verschnaufpause am Zimmer ging es gleich weiter mit dem nächsten Termin. Ich traf den Vertreter der Reiseagentur, die uns auf Ko Samet so gut betreut hatte, und mit dem ich schon mehrfach telefoniert hatte. Nach einem ersten Orientierungsgespräch im Hotel stellte er mir am Nachmittag einen Mr. Wat vor, der mich nach Ende der ersten Rundfahrt von einem definierten Treffpunkt aus für eine weitere noch viel größere Reise abholen sollte.
Auch dieser Termin klappte sehr gut und ich konnte beruhigt ins Hotel zurückkehren. Bei den Gesprächen musste ich ganz präzise arbeiten, da sich von meinen Entscheidungen viele andere zu organisierende Aktivitäten ableiteten. Ich konnte beispielsweise nicht einfach sagen, fahren wir einen Tag später ab, denn, wenn mein Hotel angenommen voll gebucht gewesen wäre, hätte ich möglicherweise in eine nicht angenehme Situation mit Stress und unnötigen Kosten geraten können. Das liebte ich nicht und es galt, so eine Konstellation unbedingt zu vermeiden. Davon war an diesem Tag allerdings keine Rede, weil alle Vorbereitungen gut über die Bühne gegangen waren. Im Hotel schnappte ich mir meine Kamera und ging auf Motivsuche. Es gab einen Pool im Freien mit Entspannungszone, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Hochhäuser der Umgebung, den Sky Train und die Stadtautobahnen werfen konnte. Es war ein skurriles Bild: nach der Abrisskante des Pools befand man sich sofort mitten in Bangkoks turbulentem Treiben. Es wunderte mich daher nicht, dass alle guten Plätze voll belegt waren. Aber die Poolzone war ohnehin nicht mein Ziel, sondern ich steuerte das daneben liegende, erstaunlich große und gut ausgestattete Fitnesscenter an, um meine matten Muskeln wieder auf Vordermann zu bringen.

Für den zweiten Tag hatte ich mir einiges an Besuchsprogramm vorgenommen, doch ließ ich den Vormittag eher gemütlich verstreichen, da ich die Annehmlichkeiten meines Hotels auch genießen wollte. So stieg ich erst am frühen Nachmittag an der Anlegestelle Phra Arthit aus dem Expressboot und begab mich in Richtung Backpacker-Viertel, das ich als erstes durchstreifen wollte. Am Weg stieß ich wie zufällig auf einige weitere Sehenswürdigkeiten, die mich anzogen. Gleich nach dem Verlassen des Piers erspähte ich noch direkt am Fluss liegend das alte Phra Sumen Fort, das von einem kleinen netten Garten umgeben ist. Von dort hatte ich wiederum einen schönen Blick auf eine große Hängeseilbrücke. Die Gegend war geschäftig und es gab dauernd irgendetwas Interessantes zu beobachten. Als ich das Eldorado für Rucksack-Touristen schon fast erreicht hatte, lenkte mich noch der Wat Chana Songkhram ab, in den ich noch kurz abbog. Das alte Kloster aus dem 18. Jahrhundert war an diesem Sonntag von den Gläubigen gut besucht und ich konnte viele verschiedene Statuen und Figuren in den unterschiedlichsten Positionen ansehen. Dann kam ich nach kurzem Suchen endlich in die Thanon Khao San. In dieser eher kleinen Straße liegt der legendäre Khao-San Straßenmarkt, das Eldorado für alle Backpacker. Hier gibt es fast alles was man zum Reisen braucht, Rucksäcke, Wanderschuhe, Reiseführer in Buchform, Schmuck, Kleidung, Taschen, CDs und vieles mehr. Auch die Schlepper hatten hier Hochbetrieb. Keine fünf Meter konnte man hier gehen, ohne nicht direkt angesprochen oder hoffnungsfroh angestarrt zu werden.
Ich schaute mir ein paar Reiseführer an, die natürlich alle Kopien waren, aber den Originalinhalt anboten. Da der Preis für eine billige Kopie zu hoch war und ich ohnehin schon einen Thailand-Führer besaß, ließ ich es dann bleiben. Das Durchschreiten dieser Straße machte mir aber großen Spaß, und ich bereute keineswegs vorbei geschaut zu haben.

Nach kurzem Fußmarsch gelangte ich zum ein wenig hinter einer Mauer und Bäumen versteckt liegenden Wat Bowonniwet. Diese große und gepflegte Tempelanlage stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Prinz Mongkut, der im Jahr 1851 als Rama IV. die Nachfolge seines Halbbruders als König antrat, lebte hier 27 Jahre als Mönch. Er gründete einen strengen Mönchsorden, dessen Angehörige auch heute noch an ihren dunklen Roben zu erkennen sind. Alle Thronfolger ziehen sich seit König Monkuts Regierungszeit für eine bestimmte Zeit in das Tempelkloster zurück. Auch der jetzige König Bhumibol (Rama IX.) lebte hier eine Weile als Mönch. Heute residiert im Wat Bowonniwet der Sangha Raja („König der Mönchsgemeinschaft“), das Oberhaupt des buddhistischen Klerus in Thailand. Der vergoldete zentrale Chedi der Anlage wird von zwei symmetrischen Kapellen flankiert. Mir gefiel der Tempel mit dem goldenen Chedi und seinen unzähligen Nebengebäuden sehr gut und ich nahm mir viel Zeit dafür.
Im Bot thront überdies eine hochverehrte Buddha-Statue im Sukhothai-Stil, der Phra Buddha Chinasara.

Ich konnte an diesem Tag in Bangkok keine Schritte tun, ohne nicht über neue Sehenswürdigkeiten zu stolpern. Am Weg zum Golden Mount, der mein eigentliches nächstes Ziel war, stand plötzlich der interessante Wat Ratchanatda vor mir. Da konnte ich nicht vorbei gehen, ohne hinein und hinauf geschaut zu haben. Das Kuriosum dieser Tempelanlage ist der im Zentrum befindliche Loha Prasat aus dem Jahr 1846. Ein Ensemble von kleinen Türmchen mit Eisenspitzen (metallenes Kloster) erhebt sich auf drei quadratischen, übereinander gestaffelten Ebenen. Die 37 Turmspitzen bilden die 37 buddhistischen Tugenden, die zur Erleuchtung führen, ab. Eine steile Wendeltreppe führt zur obersten Ebene des „Eisenpalastes“, von wo aus man einen guten Blick über das Gebäude und zum Golden Mount hat.

Die Zeit rann dahin, doch Golden Mount und Wat Sakhet wollte ich an diesem Tag noch unbedingt besichtigen. Ich kam am Fort Mahakan vorbei, überquerte eine Brücke über einen schmuddeligen Kanal und fand dann endlich den Eingang zum Hügel. Der Golden Mount (Phu Khao Thong) ist eines der Wahrzeichen von Bangkok. Auf diesem künstlich aus Erdreich und Bauschutt angelegten Hügel thront der goldene Chedi des an seinem Fuße liegenden Wat Sakhet. Ein schöner Treppenpfad, der mit Grabmälern, weiteren Figuren und Bauwerken geschmückt ist, führt mit über 300 Stufen zur Pagode in fast achtzig Meter Höhe. Und wieder einmal wird an einem besonderen Platz – in diesem Fall im Reliquienturm – eine hochverehrte Kostbarkeit aufbewahrt. Der britische Vizekönig von Indien übergab im Jahr 1897 König Chulalongkorn einen Zahn des Buddha. Von der obersten Plattform des Chedi kann man einen herrlichen Rundblick über Bangkok genießen. Schon bei meinem Eintreffen war mir aufgefallen, dass sich rund um den Wat Sakhet eine große Anzahl von Trauergästen eingefunden hatte. Wie ich später erfuhr, war ein bedeutender, hoher buddhistischer Mönch, dessen Foto auch überall zu sehen war, verstorben. Es gab viel Blumenschmuck, Kränze und Zelte für die Trauergäste. Auch ein Buffet war vorbereitet. Die Polizei ordnete das gesamte Geschehen mit unmerklicher Hand. Mein Besuch war davon nicht betroffen.
Im Tempel stieß ich später auf eine Gruppe orange gekleideter Mönche, die gerade eine Meditation begonnen hatte. Es war trotzdem kein Problem, das Gebäude zu betreten und Fotos zu schießen.

Der Weg zurück zum Hotel war zwar relativ weit, doch ich beschloss, einen Fußmarsch quer durch die Stadt zu machen und nicht mit dem Expressboot zu fahren. Trotz Stadtplans in der Hand war es gelegentlich nicht einfach, die Orientierung zu behalten und die richtigen Abzweigungen zu finden. Auch auf diesem Weg begegneten mir weitere Sehenswürdigkeiten oder ich kam in Vierteln vorbei, die ich schon einmal besucht hatte. Mein Marsch dauerte dann doch ein wenig länger, als mir lieb war und es war bereits finster, als ich im Hotel ankam. Zu allem Überdruss fiel dann noch das Internet aus, wobei es zuerst so aussah, als hätte mein Notebook ein Problem. An der Rezeption konnte man mir auch nicht wirklich weiterhelfen. Ich richtete über den Hotel-PC eine Verbindung ein, was sich aber sehr langwierig gestaltete, weil Skype nicht geladen und die Tastatur nicht europäisch war. Schließlich hatte ich es geschafft und erfuhr von meinem Freund in Wien, dass der Fehler vermutlich im Netz von Bangkok liegen musste. Ich konnte es zwar vorerst kaum glauben, da mein Computer sich sehr seltsam verhielt, aber am nächsten Tag klappte wieder alles, ohne dass ich etwas verändert hatte. Andere Länder, andere Sitten!

Während ich die ersten drei Wochen in Thailand genoss, baute sich zunächst unbemerkt ein kleines Problem vor mir auf. Ich konnte zwar dreißig Tage im Land bleiben, aber niemand war in der Lage, mir eine hundertprozentige Auskunft darüber zu geben, wie ich meinen Aufenthalt auf die von mir gewünschten drei Monate verlängern konnte. Es entstand ein Wirrwarr von Möglichkeiten, die alle einen gewissen Einsatz an Zeit und Geld erforderten ohne ein sicheres Ergebnis. Daher entschloss ich mich nach Abwägung aller Varianten, die mir erfolgversprechendste zu ergreifen. Ich musste ins Immigration Office fahren, das noch dazu außerhalb von Bangkok liegt. Bei dem Vorhaben galt es einerseits die Öffnungszeiten zu beachten und andererseits zu klären, wie ich dort am schnellsten und günstigsten hinkommen konnte. Ich hatte vorsorglich einen Dreivierteltag dafür vorgesehen, was mich ärgerte, weil ich einen enormen Aufwand für etwas hatte, das dem Land, in dem ich Gast war und weiter bleiben wollte, viel Geld einbringen würde. Ich fuhr schlussendlich mit einer der beiden Sky Train Linien bis zur Endstation Mo Chit und dann mit einem Mini-Van weiter bis zu einem riesigen Regierungs- und Verwaltungsareal. Dort passierte man einen Security-Posten und konnte dann mit einem Shuttle-Bus weiter zum entsprechenden Gebäude fahren. Eine nette Thailänderin erklärte mir, wo ich aussteigen musste. Ich ging in ein Gebäude gewaltigen Ausmaßes, dessen Innenaula die Größe eines Fußballfeldes hatte. Nach Durchschreiten dieses Platzes erreichte ich nach kurzem Nachfragen eine doppelte Glastür mit der Aufschrift „Royal Thai Police, Immigration Division 1“. Ich ging hinein und kam in weitere Räumlichkeiten, wo sich sitzend schreibend und stehend alle möglichen Nationalitäten trafen, die länger in Thailand bleiben wollten.
Zu diesem Zeitpunkt war ich sehr hoffnungsfroh, da bisher trotz des Aufwands alles gut geklappt hatte, hier musste ich einfach richtig sein. Dann erkundigte ich mich bei einem Bewerber nach dem richtigen Formular und ging damit zum Informationsschalter. Dort folgte die sofortige Ernüchterung. Der Beamte erklärte mir freundlich und höflich aber klar und deutlich, dass ich kein Visum hatte und dieses nur in einer thailändischen Botschaft im Ausland zu erhalten wäre. Alle meine Versuche irgendetwas zu erklären, scheiterten. Einem Belgier neben mir passierte das Gleiche, er fragte dann, ob er nur neu einreisen müsse nach Ausstellung des Visums, was bejaht wurde. Das bedeutete, dass die gewährte 30-tägige Aufenthaltserlaubnis nicht als Visum galt und daher auch nicht verlängert werden konnte. Also entweder ausreisen und neu einreisen für wiederum 30 Tage oder ausreisen und mit Visum wieder einreisen. Dieses Visum konnte dann verlängert werden. Welch himmelschreiend sinnlose Vorgangsweise! Warum konnte das Immigration Office nicht das machen, was jede thailändische Botschaft im Ausland konnte? Das sind Aktionen staatlicher Bürokratie und Willkür, die es sicher auch in Österreich in Hülle und Fülle gibt. Ich konnte mir nun ausmalen, wie sich Flüchtlinge oder Asylanten fühlen müssen, die nach Europa kommen und schlecht behandelt werden. Für mich war das alles nur ärgerlich und kostete zusätzlich eine Stange Geld, aber ich konnte es mir leicht leisten und würde rasch einen geeigneten Weg finden. Zurück im Hotel war der Tag so gut wie gelaufen, da ich meine Sachen packen und mich für die Abreise zur Nord-Ost Thailand Rundreise am nächsten Morgen vorbereiten musste. Ich wusste zwar nun, was zu tun war, doch diesen elenden Tag wollte ich so schnell wie möglich abhaken.
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